Bitcoin 2021

Coin Narrativ 2020

Ein Kommentar zum Jahreswechsel
von Daniel Pichler, Vorstandsmitglied Bitcoin Austria

Lasst uns mit allgemeinem Konsens starten:

“Wir haben ein seltsames Jahr hinter uns” – in vielerlei Hinsicht.

Der Bitcoin-Kurs steigt und steigt und die Leute stellen Fragen zu Bitcoin und den „Alternativen“. Es reicht wenn man zugibt, es gäbe „Alternativen“, um in manchen Gruppen bereits als Außenseiter zu gelten. Auf der anderen Seite wurde ich auch bereits als „Bitcoin-Maximalist“ bezeichnet, der das Big Picture von Defi (Decentralized Finance) Apps nicht richtig sieht… Man kann nicht jeden glücklich machen.

Hier meine Perspektive zum Jahreswechsel über den Markt, Bitcoin und die Alternativen.

1. Bitcoin

Eine gute Zeit für Bitcoin Maximalisten

Die ehemalige Nummer 3 nach Marktkapitalisierung, Ripple (XRP), stürzt gerade ab, nachdem die SEC (US Securities and Exchange Comission) ihren ehemaligen Liebling kurz vor Weihnachten zum Abschuss freigegeben hat. Bitcoins Dominanz steht bei 70 % und es wäre sogar möglich 80 % zu erreichen. Das war der Stand, von dem es im Februar 2017 deutlich nach unten ging, nachdem klar wurde, dass Transaktionsgebühren bei Bitcoin das neue Normal sein werden.

CoinMarketCap – Charts zur Marktkapitalissierung

Die Skalierungslösung für Bitcoin, das Lightning Network, entwickelt und verbreitet sich weiter. Die Nutzung ist aber weiterhin sehr überschaubar. Lightning Zahlungen brauchen häufig mehrere Versuche, um eine Route mit ausreichend Liquidität zu finden, große Transaktionen sind kaum möglich. Aber der Markt wacht langsam auf. Ich erwarte, dass Lightning relevanter werden wird und damit seine Stärken und Schwächen zeigen kann. Es ist sicher eine gute Idee, Lightning selbst auszuprobieren und Erfahrung aufzubauen. Unternehmen,  die im Jahr 2020 langfristig in Bitcoin investiert haben, werden nicht so schnell auf Alternativen wechseln und eher auf Lightning setzen. Macht euch bereit für das Lightning Network: Setzt eine eigene Lightning Node auf! Seht euch Umbrel und Raspiblitz an oder nutzt Strike (falls euch KYC nicht stört) oder Breez (ohne KYC).

2. Die Bitcoin-Konkurrenz

Wie geht es den direkten Mitbewerbern?

Sie under-performen… aber bieten Privatsphäre

a. Bitcoin Cash

Bitcoin Cash, der bekannteste Bitcoin-Fork, under-performed… stark. Der Markt scheint den ‚Hotfix‘ der Kapazitätsteigerung mit größeren Blocken zumindest 2020 nicht besonders zu schätzen. Selbst wenn BCH/BTC um den Faktor 10 steigen würde, wäre Bitcoin Cash erst am Ausgangsniveau.

Es gibt jedoch neue Features. CashShuffle ist ein leicht zu bedienender Mixer, der aufgrund der niedrigen Gebühren bei BCH sehr günstig genutzt werden kann. Bei Bitcoin wird JoinMarket – jedenfalls bisher – nur spärlich genutzt, was sich mit der Aktivierung von Taproot jedoch ändern könnte.

Bitcoin Cash sucht noch seinen Platz in der Cryptowelt. Seine Zielgruppe sind Leute, die geringe Gebühren benötigen, aber die Musik spielt derzeit auf der Wallstreet und nicht in Venezuela. „Hodlern“ sind höhere Transaktionsgebühren ziemlich egal. BitcoinCash‘ Skalierungslösung mit großen Blöcken ist keine dauerhafte Lösung und mit zwei weiteren Forks (BitcoinCash ABS und Bitcoin SV) wurde auch die Community in mehrere Gruppen gespalten.

b. Monero

Permanente Privacy und eine der seltenen Alternativen, die sogar manche Bitcoin-Maximalisten positiv sehen. Der Hauptgrund dafür dürfte sein, dass Monero auch Bitcoin zu mehr Privacy verhelfen könnte. Die Regulierungsbehörden mögen Monero gar nicht (auch weil Monero im Darknet die Nr. 1 geworden ist) – das sorgt aber für große Sympathie bei libertären Bitcoinern. Auch der Kurs von Monero hat sich nur unterdurchschnittlich entwickelt. Vielleicht erwartet der Markt von Taproot und dem Lightning Network künftig ausreichend Privacy für Bitcoin und eine geringere Bedeutung für Monero.

c. ZCash

Optionale Privacy.  Ich denke, ZCash hätte eine deutlich höhere Marktkapitalisierung, wenn es einfach ein Fork von Bitcoin geworden wäre. Stattdessen ist ZCash ein technisch interessanter Coin, aber ohne User. Zero Knowledge Proofs sind eine spannende Technologie, aber ist das allein Grund genug, eine eigene Blockchain zu rechtfertigen? Der Markt hat bisher klar und deutlich „nein“ gesagt, allerdings hatte ZCash auch jetzt erst sein erstes Halving. Man darf gespannt sein.

3. Ethereum

Die Maximalisten 2.0

Ethereum hatte die Chance es besser zu machen als Bitcoin.

Um kurz positiv zu bleiben: Ähnlich wie Bitcoin ist Ethereum das Opfer seines eigenen Erfolgs.

Die Idee ist großartig, Tokens werden derzeit mehr und mehr langfristig in Ethereum 2.0 Staking Nodes  „gelocked“, es gibt eine riesige Entwickler Community und einfach verwendbare Dapps (dezentrale Applikationen). Dabei spreche ich hier nicht mal von Defi und Governance Tokens, welche im alten Jahr zum Kickstarter für Dapps geworden sind. Ich spreche vor allem von Uniswap und Metamask. Die haben eine tolle Usability und Uniswap würde ich gerne öfter anstatt zentralisierter Exchanges nutzen, aber…

Zum Negativen:

Ethereum hat jetzt die gleichen Probleme wie Bitcoin im Jahr 2017. Saubere Skalierung ist mühsam, für Smart-Contract-Blockchains wahrscheinlich noch viel schwieriger. Ja, es gibt zahlreiche Versuche vor allem mit eigenen Tokens (Raiden, Loopring, OmiseGo), aber der zusäztliche Aufwand und die hohe Komplexität schaffen Overhead und zusätzliche Risiken, die niemand haben will.  Auch die neue Beacon-Chain von Ethereum 2.0 wird an den hohen Gebühren (noch) nichts ändern, nicht 2021… oder 2022…

Ethereum muss aufpassen seine hochwertige Entwickler-Community nicht zu verlieren. Neue Talente machen aufgrund der immer höheren Gebühren bereits einen Bogen um Ethereum, 2021 könnte der „Brain Drain“ bei Ethereum zulegen.

Während der Preis von ETH gegenüber Bitcoin deutlich unter seinem All-Time-High liegt, war was aber ein durchaus produktives Jahr für Ethereum.

4. Die Ethereum-Konkurrenz

Die Konkurrenz ist noch schwach.

Polkadot, Cardano, Avalanch, Cosmos, Tezos versuchen sich als attraktive Alternativen ins Spiel zu bringen. Ethereum liegt im Hinblick auf die Verbreitung, Community und die Entwickler meilenweit voran. Es wird aber spannend zu sehen, ob sich Geschichte wiederholt und desillusionierte Entwickler zu neueren Alternativen weiterziehen… ähnlich wie bei Bitcoin im Jahr 2017. Manche dieser neuen Blockchains behaupten, sie hätten alle Skalierungsprobleme bereits gelöst. Für mich ist aber fraglich, ob diese neue Konkurrenz schon soweit ist, dass 2021 überhaupt ein merkbarer Wechsel von Talenten stattfinden wird.

Eines gebe ich noch zu bedenken: Wenn man schon gegen Ethereum wetten will, nicht alle Konkurrenten haben die gleiche „Value Proposition„. Allein aufgrund der (niedrigen) Marktkapitalisierung die neuen Tokens zu kaufen, ist eine schlechte Idee. Das Interesse an Ethereum scheint groß genug und die Bereitschaft, hohe Gebühren zu zahlen, derzeit gegeben.  Vielleicht ist das ein positives Zeichen für Ethereum.

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Die englische Originalfassung wurde ursprünglich auf medium.com veröffentlicht.

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